Über 200 Jahre Luisenstift

Das Luisenstift ist heute der älteste Träger der Kinder- und Jugendhilfe in Berlin und zugleich ein moderner, evangelischer Dienstleister der stationären Erziehungshilfe.

Als das Luisenstift 1807 gegründet wurde, stellte sich Königin Luise von Preußen als Namenspatronin zur Verfügung. Die Folgen des verlorenen Krieges 1806 gegen Napoleon hatten die Berliner Bevölkerung damals besonders hart getroffen. Aus zahlreichen Kindern waren Halbwaisen geworden. Viele mussten auf der Straße leben, weil ihre Eltern erwerbslos waren. Ein Kreis von Berliner Bürgern fühlte sich der christlichen Tradition des Helfens verpflichtet und förderte die Gründung einer Verpflegungs- und Erziehungsanstalt. Ziel war es „arme Kinder männlichen Geschlechts, von christlichen Eltern in Berlin geboren, aufzunehmen, vollständig zu pflegen und sie für die bürgerliche und kirchliche Gemeinschaft zu erziehen.“ Hierbei grenzten sich die Gründer bewusst von den damals schon bestehenden Waisenhäusern ab, sie erkannten den Erziehungsbedarf der „verlassenen und dem Verderben preis gegebenen Jugend Berlins. Die unglücklichen, dem physischen und moralischen Elende preisgegebenen noch lebender Eltern und Soldaten“ sollten geordnet aufwachsen. Königin Luise von Preußen würdigte das Engagement der Gründer, spendete 100 Goldtaler und übernahm die Kosten für die Versorgung von vier Zöglingen.

Mit der unentgeltlichen Nutzung der alten Propstei auf dem Nikolaikirchhof war auch das geeignete Gebäude für den Start gefunden. Mehrmals im Lauf der Geschichte musste die Einrichtung dann innerhalb Berlins umziehen, bis das Luisenstift auf dem heutigen Grundstück in Berlin-Dahlem, Königin-Luise-Straße 95, seinen Platz finden konnte. Das alte Haus wurde im Jahr 1945 allerdings vollständig zerstört. Dank des großzügigen Legats eines ehemaligen Zöglings konnte das Luisenstift wieder aufgebaut werden.

190 Jahre lang widmete sich das Luisenstift der Aufgabe, arme Jungen aus christlichen Elternhäusern aufzunehmen und zu erziehen. 1997 erfolgte ein grundsätzlicher Wandel hin zu einer modernen, zeitgemäßen Pädagogik. Nach konzeptionellen und baulichen Veränderungen öffnete sich das Luisenstift der koedukativen Betreuung. Seitdem finden sowohl Jungen als auch Mädchen hier ein vorübergehendes Zuhause. Die Gruppengrößen sind zeitgemäß, Jungen und Mädchen bewohnen Einzelzimmer mit eigenen Bädern. Die Arbeit mit den Eltern ist ein zentraler Bestandteil und die Kinder und Jugendlichen werden an den Gruppenprozessen beteiligt.

Chronik

200 Jahre Luisenstift

  • 1807: Gründung des Luisenstifts in der Berlinischen Probstei auf dem Nicolai-Kirchhof durch Architekt Catel, Probst Hanstein und andere. Königin Luise von Preußen bewilligt, dass die Berlinische Erziehungs- und Industrieanstalt nach ihrem Namen Luisenstift genannt werden darf. Das Haus bietet Platz für 60 Knaben.

  • 1838: Umzug in das eigene Haus in Berlin Mitte, Hollmannstraße 15 (vormals Husarenstraße), das dem Luisenstift von Stadtrat Hollmann geschenkt worden war. Das Luisenstift erhält jeweils im November 45 Prozent des Ertrages aus dem "Frau Stadtrat Hollman'schen Legat" (Kapital 3000 M) zur Erziehung und zum Unterricht für arme Kinder.

  • 1845: Die Kapazität im Hause Hollmannstraße 15 muss "wegen Zinsminderung des Kapitalvermögens und wegen verminderter 'Liebesgaben' auf 50 Knaben herabgesetzt werden. Seit Gründung des Luisenstifts sind 365 Knaben in das bürgerliche Leben eingetreten.

  • 1881: Das Luisenstift zählt unter der Rubrik: "Rettungshäuser und Erziehungsanstalten für nicht Konfirmierte" zu den "dem Werke der Inneren Mission dienenden Anstalten“, von denen es neun vergleichbare Einrichtungen gibt. Die Kapazität beträgt 43 Knaben. Jährliche Staatsbeihilfe: 600 Mark.

  • 1907: Umzug in die Limonenstraße 14 in Groß-Lichterfelde.

  • 1922/27: Als Folge des 1. Weltkrieges und des wirtschaftlichen Niedergangs muss das Luisenstift nach Weddigenweg 16 in Berlin-Lichterfelde umziehen. Das Haus bietet nur noch 14 Knaben Platz. Mit der Einführung der allgemeinen Schulpflicht im Rahmen der Weimarer Verfassung geht der Unterricht im eigenen Hause zu Ende.

  • 1932: Umzug auf das heutige Grundstück in Berlin-Dahlem, Königin-Luise-Straße 95.

  • 1940: Das Luisenstift erhält am 10. Oktober ein neues Statut als "Erziehungsanstalt für erzieherisch gefährdete und hilfsbedürftige Knaben unter 14 Jahren".

  • 1942: Das Gebäude des Luisenstifts wird durch einen Fliegerangriff teilweise zerstört. Kinder kommen dabei nicht zu Schaden.

  • 1943: Alle Kinder werden im Zuge der Bombenangriffe evakuiert.

  • 1944: Beschlagnahme des Hauses durch das Oberkommando des Heeres.

  • 1945: Das Gebäude des Luisenstifts wird bei der Besetzung Berlins zerstört.

  • 1945/46: Das Kuratorium des Luisenstifts wird durch Vermittlung von Probst Grüber vom Magistrat der Stadt Berlin ermutigt, angesichts der durch das Flüchtlingselend gesteigerten Not insbesondere von Kindern, die Arbeit wieder aufzunehmen.

  • 1948/49: Durch die Initiative eines Nachkommens des ehemaligen Zöglings Cuno, der ein Legat zugunsten des Luisenstifts eingerichtet hat, nimmt das Luisenstift seinen Betrieb in angemieteten Räumen in der Goethestraße 4-6 in Lichterfelde wieder auf.

  • 1954: Das Kuratorium des Luisenstifts konstituiert sich neu und nimmt die Geschäfte wieder in die eigene Hand.

  • 1957: Grundsteinlegung für den Neubau des Luisenstifts auf dem alten Gelände in der Königin-Luise-Straße 95.

  • 1959: Einweihung des neuen Luisenstifts als Wohnheim für 52 männliche Jugendliche.

  • 1967: Anerkennung durch den Senator für Jugend und Sport als "Erziehungsheim" mit 45 Plätzen in 3 Gruppen.

  • 1981: Eröffnung der ersten Außengruppe mit 5 Plätzen in Berlin 46, Langensalzaer Straße 48.

  • 1990: Eröffnung der Jugendwohngemeinschaft Wilmersdorf mit 4 Plätzen.

  • 1994: Eröffnung der Jugendwohngruppe Wedding mit 4 Plätzen. Diese Gruppe zieht im Jahr 2001 nach Neukölln in die Thomasstraße 71.

  • 1997: Umbau und Modernisierung des gesamten Gebäudes. Zwischenzeitlich ziehen die Bewohner in Räume des Jugendausbildungszentrums Zehlendorf. Der Betrieb wird von dort aus 11 Monate weitergeführt. Im November wird das sanierte, umgebaute Haus in der Königin-Luise-Straße 95 wieder bezogen.

  • 1998: Neubezug des Gebäudes und Beginn der koedukativen Erziehung.

  • 2000: Betreutes Einzelwohnen und ambulante Hilfen werden eingeführt und ausgebaut, um dem Verselbständigungsbedarf der Jugendlichen besser begegnen zu können.

  • 2001: Erwerb, Sanierung und Umbau der Villa in der Lindenthaler Allee 15.

  • 2002: Eröffnung der Erziehungswohngruppe Lindenthaler Allee für 6 Kinder mit einer innewohnenden Erzieherin.

  • 2007: Jubiläumsfeier 200 Jahre Luisenstift.

  • 2009: Gründung der Familienanalogen Gruppe mit Intensivleistung.

  • 2011: Zusammenlegung der Erziehungswohngruppe Lindenthaler Allee und der familienanalogen Gruppe mit Intensivleistung zur Intensivpädagogischen Gruppe.

  • 2012: Energetische Sanierung des Haupthauses in der Königin-Luise-Straße.

  • 2015: Eröffnung einer neuen Jugendwohngemeinschaft in Wilmersdorf.

  • 2020: Eröffnung der Erziehungswohngruppe Mühlenstraße.

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